Tag 10 – Fahrt durch die Gletscherlagune
Nach einer guten Nacht sind wir schon etwas aufgeregt. Denn hier im Hotel soll es laut mehrer Urlauber das beste Frühstück der Insel geben. Nach dem gestrigen Abendessen erwarten wir uns daher viel. Und wir werden auch nicht enttäuscht. Das Frühstücksbuffet ist riesig und es ist wirklich für jeden etwas dabei. Von unterschiedlichen Säften, Käse, Gemüse und Obst, Skyr, Waffeleisen mit frischem Waffelteig bis hin zu Kuchen, Muffins und sonstige Leckereien.
Das Ganze genießt man natürlich weiterhin mit der Aussicht auf isländische Ebenen die bis hin zum Meer am Horizont reichen.
Nachdem wir uns also Kalorien für 5 Tage in den Bauch geworfen haben, machen wir uns fertig. Wir werden heute Nacht auch noch in diesem Hotel übernachten, weshalb wir unsere Koffer mal so lassen können wie sie sind.
Protipp: Ein “Bitte nicht stören Schild” an der Tür nützt der Umwelt und wir können alle Sachen offen liegen lassen.
Mit dem Schlauchboot durch die Gletscherlagune
Nachdem wir gestern ja nur einen kurzen Zwischenstopp eingelegt haben, ist unser heutiges Tagesziel nun wirklich die Gletscherlagune Jökulsárlón.
Der Name bedeutet übersetzt so viel wie Gletscherflusslagune. Isländisch ist vom Aufbau her eine einfache Sprache. Unser Guide beschrieb sie so ähnlich wie Deutsch. Denn es gibt nur einige wenige Wörter die zu längeren Wörtern zusammengesetzt werden. Jökulsárlón lässt sich also aufteilen in Jökull = Gletscher, á = Fluss und lón = Lagune. Noch dazu sind viele Wörter aus dem Deutschen abgeleitet. Ob es sicher auszahlt diese Sprache zu lernen? Nunja, wenn dann hat man jedenfalls nicht viele mit denen man sprechen kann 😉
Da wir sehr zeitig vor Ort sind, gehen wir noch etwas entlang der Lagune und sind hier teilweise völlig alleine. Die Stille wird nur vom Knacken und Brechen der Eisberge unterbrochen. Ein magischer Moment.
Lange haben wir überlegt, was hier machen sollen. Zur Auswahl stand eine Tour mit einem Amphibienfahrzeug (ein Auto das schwimmen kann) oder die teurere Zodictour mit einem Schlauchboot. Und auch wenn diese deutlich teurer ist, haben wir uns für Letzteres entschieden. Hier ist die Gruppe deutlich kleiner, man kommt wegen der höheren Geschwindigkeit bis fast an den Gletscher und man hat keine Abgase um sich.
Wieder bekommen wir diese unglaublich schicken Überlebensanzüge:
Diese halten uns im Falle eines Unfalls im Wasser für einige Sekunden am Leben. Ob sie uns rechtzeitig raus ziehen könnten? Der Guide bezweifelt es und ich hoffe er macht nur einen Scherz 😉 Wissen tut es aber keiner, denn es ist noch nie etwas passiert.
Unser Guide ist ein junger Isländer, dessen Großeltern schon hier waren als die Lagune noch ein kleiner Tümpel war. Sein Englisch ist perfekt, aber die ausschließlich deutschen Mitfahrer haben trotzdem ihre Probleme ihn zu verstehen. Und so wird permanent alles auf Deutsch übersetzt 😉
Noch kurz zu dieser Lagune. Dabei handelt es sich mit 248 Metern um den tiefsten See Islands. Das Wasser stammt, wie schon gestern erwähnt, vom Schmelzwasser des Gletschers. Die Lagune friert nie zu, weil je nach Gezeiten auch Salzwasser vom Meer herein strömt. Das macht die Lagune vor allem im Winter zu einem Spielplatz von Seelöwen, die sich aber jetzt zur Paarungszeit alle auf dem Meer befinden.
Ein einziges Mal wurde die Lagune jedoch komplett von Eis bedeckt. Für die Dreharbeiten zum James Bond Film “Stirb an einem anderen Tag” wurde nämlich unfassbarer Weise der Meerzugang blockiert. Es konnte somit kein Salzwasser mehr in die Lagune einströmen und diese frierte zu. Es gibt bis heute das Gerücht, dass eines der Autos mit denen hier gefahren wurde in den See gebrochen ist und noch dort unten liegt. Aber niemand kann und will dies bestätigen 😉
Auf dem See wurden außerdem noch einige andere Filme wie Tomb Raider, Beowulf & Grendel und Batman Begins gedreht.
So jetzt aber zu unserer Bootstour. Es gibt keine Sicherheitsunterweisung weil – ja eh egal? Mit 40-50km/h geht es gleich mit vollem Tempo los, vorbei an den gewaltigen Eisbergen. Bei besonders schönen Exemplaren bleiben wir stehen und unser Guide erzählt uns einiges darüber.
Die blaue Farbe kommt daher, weil das Eis so dicht ist, dass die Luft heraus gepresst wurde. Dieses Blau bleibt allerdings nur gut 8 Stunden bestehen.
Die schwarzen Einlagerungen stammen von Vulkangestein und vor allem Asche vergangener Vulkanausbrüche. Denn dieses Eis hier ist gut 1.000 Jahre alt.
Unser Guide fischt uns einen dieser Luxuseiswürfel aus dem Wasser und wir dürfen alle davon kosten. Spoileralarm: schmeckt wie Eis 😉
Befindet sich das Eis unter Wasser, wird es von diesem glatt gewaschen. Wenn man dies sieht, hat sich der Eisberg vor kurzem gedreht. Und das ist auch die größte Gefahr hier auf dem Wasser. Denn kein Mensch weiß wie groß die Eisberge unter dem Wasser sind. Ist man zu nahe kann es schnell gehen. Kippt der Eisberg, dann kann er das Boot mit sich drehen. Daher gibt es auch ganz strenge Regeln für Guides auf diesem Gewässer.
Faszinierend oder?
Zum Abschluss fahren wir wirklich bis fast an die Gletscherzunge heran. Näher geht nicht, denn wenn ein großer Eisberg abbrechen würde, würde uns die Welle versenken. Leider brechen keine Eisbrocken ab, als wir davor gewartet haben. Na man kann nicht alles haben 🙂
Nach einem Springt mit voller Geschwindigkeit zurück ist die Tour nach einer Stunde auch schon wieder vorbei. Wir haben keinen Zweifel daran, dass wir uns richtig entschieden haben. Wir würden absolut jedem die Zodictour empfehlen, auch wenn diese teurer ist.
Diamanten am Strand
Wir gehen wieder durch die gewaltige Brücke, über die die Hauptstraße führt, in Richtung Diamond Beach.
Hier waren wir auch schon gestern aber heute ist das Wetter bei weitem schöner und wir spazieren daher weit den Strand hinunter, vorbei an den Seelöwen.
Hier sind wir fast alleine mit den Eisbergen, die an den Strand gespült wurden. Und tatsächlich, das klare Eis sieht am tiefschwarzen Sandstrand wie Diamanten aus. Leider ist ihre Schönheit sehr vergänglich 😉
Da das Licht um die Mittagszeit einfach zu hart ist, will ich (Gerald) in der Nacht wieder hier her kommen. Nun weiß ich aber schon ganz genau wohin ich gehen muss 🙂
Was hat ein Wasserfall mit einer Kirche zu tun?
Auf dem Weg zum nächsten Spot bleiben wir auch noch bei der Schwesterlagune, Fjallsárlón stehen. Ihr erinnert euch an den gestrigen Tag? Wir waren hier deutlich begeisterter als von dem Disneylandflair an der großen Lagune. Heute ist es aber genau anders herum. Denn durch den starken Wind (der übrigens nur genau hier ist und sonst nirgendwo), wurden alle Eisberge zusammen getrieben. Einzig die Aussicht ist toll und man sieht bis zum Gletscher. Aber irgendwie ist die Stimmung verloren gegangen.
Auch den nächsten Punkt, den “Svínafellsjökull Glacier” lassen wir aus. Dieser Gletscher diente schon unzähligen Filmen und Serien (unter anderem wieder Game of Thrones) als Kulisse für Winterlandschaften. Aber der Weg dorthin führt über eine richtig üble, mehrere Kilometer lange Straße. Wir haben einfach zu viel Angst um unsere Reifen um dies zu riskieren.
Also fahren wir durch bis zum Skaftafell Nationalpark, wo es zu unserem Erstaunen tatsächlich Eintritt verlangt wird. Vollautomatisch werden die Kennzeichen von Kameras erfasst und es muss dann an einem Terminal bezahlt werden. Willkommen in der Zukunft 😉
Der 2 Kilometer lange Wanderweg zum Wasserfall “Svartifoss” sah auf GoogleMaps harmlos aus. Jetzt stehen wir hier am Trail und schauen hinauf auf einen stattlichen Berg. Die 400 Höhenmeter sah man auf der Karte irgendwie nicht 😀
Da die Sonne fast durchgehend scheint passiert das Unglaubliche: uns wird beim Wandern warm! Und auch wenn wir in unserem Mittagstief nicht viel Lust hatten los zu gehen, haben wir auf dem Trail dann viel Spaß. Und so schnell kann man gar nicht schauen, ist der gewaltige Wasserfall, eingebettet von Basaltsäulen vor uns.
Wir klettern hinunter und toben uns aus, auch wenn wir immer wieder auf andere Fotografen warten mussten.
Die Frage der Überschrift wird erst aufgelöst, wenn ihr diesem Blog bis zum letzten Tag treu bleibt. Denn dann sind wir in Reykjavik und das Rätsel wird aufgelöst 😉
Am Rückweg nehmen wir dann unsere tägliche Bonusmeile mit. Denn Katrin besteht darauf einen anderen Weg zurück zu gehen, der natürlich weiter ist 😉 Da wir allerdings keinen einzigen Menschen am Weg sehen, war das die richtige Entscheidung.
Tankstellenessen
Zurück am Parkplatz sind wir völlig erledigt. So viel Hitze hätten wir nicht erwartet und nun sind wir richtig hungrig. Im Park füllen sich langsam die Campingplätze. Wohnwägen werden rangiert, Zelte im Boden verankert und Kinder laufen spielend herum.
Natürlich gibt es auch hier etwas zu essen, aber nichts davon sagt uns wirklich zu.
Und so fahren wir die weite Strecke in Richtung unserem Hotel zurück. Am Weg liegt eigentlich nur eine Tankstelle, die aber laut Google wirklich gute Bewertungen hat. Tankstellen in Island übernehmen in ländlichen Gebieten oftmals die Aufgaben eines Nahversorgers. Neben Sprit gibt es hier auch Lebensmittel und eben einfaches Essen.
Es gehört fast schon zum Touristenprogramm einmal an so einer Tankstelle zu essen. Leider gibt es hier keinen HotDog, sondern wir haben die Wahl zwischen Pizza und Burger. Wir nehmen den Burger mit Pommes und für einen Preis von knapp über 10€ ist dieser richtig gut und verhältnismäßig günstig. Es ist natürlich kein Sternemenü, aber mit McDonalds kann er locker mithalten 😉
Endlich ein Sonnenuntergang – der eigentlich keiner ist
Lange musste ich (Gerald) warten um eine Nacht zu bekommen, in der am Himmel nur vereinzelt Wolken sind. Die Location mit der Lagune ist sowieso perfekt und so breche ich um 23 Uhr nochmals in Richtung dieser auf. Die Fahrt dauert eine halbe Stunde und ist wirklich verrückt. Man ist müde aber es ist taghell und noch dazu kommt einem niemand entgegen. Die Aufregung ist jedoch so groß, dass dem sicheren Fahren nichts im Wege steht.
Mein erstes Ziel soll der Diamond Beach sein, denn hier habe ich noch kein vernünftiges Bild. Wer jetzt glaubt, dass ich hier alleine bin, der irrt. Ich schätze um die 30-50 Fotografen mit Stativen sind überall am Strand verteilt und die Touristen von der US Westküste wachen jetzt erst auf. Diese haben nämlich einen Vorteil: sie stellen sich nicht auf die Zeit um und können so in ihrem normalen Rhythmus alles bei Nacht sehen.
Ein Eisberg nach dem anderen wird von mir fotografiert.
Am Ende stehe ich dann mit 3 anderen Fotografen bei diesem Traummotiv. Keiner von uns hat auch nur ein einziges Wort gesagt. Niemand wagt es die friedliche Stille zu unterbrechen. Und trotzdem steht sich niemand im Weg. So ist Massentourismus für mich in Ordnung.
Zum Abschluss fahre ich noch rüber zur Lagune. Einige russische (?) Touristen meinen wieder sie sind völlig alleine und grölen stark alkoholisiert am Ufer herum. Ich gehe ein Stück von ihnen weg und habe den perfekten Spot gefunden. Das Wasser ist absolut still und einige wenige Wolken fangen das letzte bzw. erste Sonnenlicht ein. Eines meiner Lieblingsbilder dieser Reise:
Und obwohl es tatsächlich mittlerweile 10 Minuten Nacht gibt, wird es nicht dunkler als auf dem Bild zu sehen ist. Gute 2 Stunden war ich bei exakt diesem Licht unterwegs. So habe ich mir das eigentlich den ganzen Urlaub über vorgestellt 🙂 Aber das macht Island mit einem – es will, dass man zurück kommt 😉
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