Ein aktiver Vulkan und ein Kuhstall
Der Morgen beginnt heute etwas verspätet. Denn in der Stadt gibt es eine gute Bäckerei, in der wir schon gestern Kaffee getrunken haben. Hier wollen wir heute frühstücken, aber leider macht diese laut GoogleMaps erst um 8 Uhr auf. Reichlich Zeit zum lang Schlafen also.
Wir machen uns fertig und sind kurz nach 8 vor der Bäckerei, nur um festzustellen, dass diese offenbar ihre Öffnungszeiten geändert hat und nun am Sonntag erst um 9 Uhr aufsperrt.
Generell ist dies in Island so ein Ding. Alle Geschäfte sperren erst sehr spät auf, aber im Vergleich zu uns nicht später zu. Eine Ausnahme bildet der Sonntag wo viele Geschäfte zumindest einige Stunden geöffnet haben. Für den Alltag ist das etwas unpraktisch, denn Einkaufen zwischen 10-18 Uhr passt, zumindest bei uns, kaum in einen Terminkalender. Aber die Isländer sind das wohl so gewohnt. Für einen Touristen ist das natürlich doppelt mühsam, weil man immer genau schauen muss wann welches Geschäft geöffnet hat.
Wir gehen also ins Zimmer zurück und nehmen aus der Hotelbar einen Kaffee mit. Dann muss es eben unser Kuchen tun.
Nach einem schnellen Frühstück geht es dann auch schon los.
Der Wetterbericht hat für heute eigentlich leicht bewölkten Himmel bei 4°C angesagt. Von Regen in der gesamten Region keine Rede. Doch schon als wir zum Auto gehen, beginnt es leicht zu regnen.
Dieser wird bis zu unserem ersten Stopp immer schlimmer und es beginnt sogar stark zu schneien. Und das Ende Juni.
Gewaltige Wasserfälle
Über eine holprige, aber eigentlich gut befahrbare Dirtroad fahren wir zum Hafragilsfoss, ein Wasserfall der recht unbekannt ist. Und das obwohl er neben dem sehr berühmten Dettifoss liegt, zu dem wir noch kommen.
Die Zufahrt ist aber nur mit einem SUV zu meistern und ehrlich gesagt würden wir sogar einen 4×4 empfehlen, denn die Zufahrtsstraßen hat tiefe Furchen, ist sandig und extrem steil.
Als wir am Parkplatz ankommen stürmt und schneit es wie verrückt. Wir lassen uns aber nicht den Mut nehmen, warten ein bisschen und als es kurz besser wird laufen wir schnell die paar Meter zur Canyonkante. Das Tolle an diesem Wasserfall ist eigentlich der Blick in die Schlucht selbst, in die er sich wunderbar einfügt.
Weiter geht es die paar Meter rüber zum nahe gelegenen Dettifoss. Er ist Europas wasserreichster Wasserfall, und das sieht man bereits an der Gischt aus der Entfernung.
Das Wetter ist allerdings kein Spaß. Permanent pfeift uns starker Wind um die Ohren und die Sonne wechselt sich mit Regenschauern und Schneegestöber ab. Und obwohl wir bei fast 0°C etwas frieren tut das unserer Laune nur wenig ab. Zwar gelingen uns bei weitem nicht die Fotos die wir uns vorgestellt haben, aber das Erlebnis hier vor Ort zu sein zählt sowieso mehr.
Ein kleiner Fototipp: wer sich schon immer gefragt hat wozu diese gratis Duschhauben in manchen Hotels gut sind, der bekommt hier seine Antwort. Ein absoluter Profitipp 😉
Prinzipiell kann man diesen Wasserfall von beiden Flussseiten bewundern. Jene auf der Westseite ist gut ausgebaut und wird daher von Touristenbussen benutzt. Jene auf der Ostseite, auf der wir uns gerade befinden ist schwerer zu erreichen, aber dafür deutlich schöner. Man sieht den Wasserfall in voller Größe und kann sich (noch) frei entlang der Canyonkante bewegen.
Außerdem kann man bis zur Sturzkante des Wasserfalls heran gehen und begreift hier die gewaltige Kraft, welche die unglaublichen Wassermassen haben müssen.
Für einige Sekunden kommt sogar die Sonne durch und beschenkt uns mit einem traumhaften Regenbogen.
Und so beschließen wir auch noch den 2,8 Kilometer langen Trail zum Selfoss zu gehen, dem zweiten berühmten Wasserfall in dieser Gegend. Durch den Wind und die nassen Steinen brauchen wir eine Weile bis wir den Trail hinter uns gelassen haben, aber jeder Schritt davon hat sich ausgezahlt.
Der Selfoss zählt sicherlich zu den beeindruckendsten Wasserfällen die wir jemals gesehen haben (und ganz ehrlich: das waren schon sehr viele). Der Fluss stürzt hier quasi auf seiner Breitseite über dutzende kleine Wasserfälle in die Tiefe. Und auch hier kann man bis zur Absturzkante heran gehen und hört vor dem tosenden Wasser kaum seine eigenen Worte. Ein unglaubliches Gefühl.
Am Weg zurück gibt das Wetter nochmal alles und es schneit abwechselt mit starkem Regen. Dennoch kommen immer mehr Leute am Parkplatz an, der mittlerweile fast überfüllt ist. Das wundert uns, denn wie wir bei der Rückfahrt merken werden, ist die Straße in keinem guten Zustand. Das müsste eigentlich viele der Touristen abschrecken. Wie wir im laufe der Reise feststellen, liegt es aber wohl einfach daran, dass sich viele keine Gedanken machen in welche Situationen sie kommen könnten.
Wir trocknen uns so gut es geht und legen erst einmal 4 Schichten Jacken ab. Dann machen wir uns einen kleinen Snack den wir wetterbedingt im Auto essen. Erlebt man auch nicht alle Tage und hat auch etwas abenteuerliches. Schaut mal aus dem Fenster – Schneesturm im Juli 😉
Wandern auf einem aktiven Vulkan
Eine Stunde Fahrt auf der, wie bereits erwähnt, sehr schlechten Zufahrtsstraße kommen wir bei „Leirhnjukur“ an. Wir befinden uns jetzt in einem vulkanisch sehr aktiven Gebiet. Ähnlich wie im Yellowstone ist die Erde hier überall heiß und die Erdkruste vergleichsweise dünn. Dadurch können überall heiße Dämpfe aufsteigen. Leider riecht man das auch 😉
Eigentlich wollten wir „Leirhnjukur“ nicht wirklich ansehen, bzw. uns nur als Alternative aufheben. Da das Wetter uns aber hierher verfolgt hat beschließen wir hier doch durch zu gehen. Immerhin sind die heißen Lavafelder besonders nach einem Regenschauer toll anzusehen, weil es an allen Ecken und Enden dampft.
Und auch bei diesem Rundtrail wechseln Sonne, Regen und Schnee ab, der starke Wind und die Temperaturen von ca. 2°C bleiben uns aber dauerhaft erhalten. Fotografieren wird so schwer bis unmöglich, deswegen lassen wir es bleiben und genießen die Landschaft. Da der Trail bei diesem Wetter und auf dem Untergrund nur schwer zu sehen ist, folgen wir einer geführten Bustour. Diese haben alle blaue Regenjacken bekommen, weshalb wir sie “Schlümpfe” nennen. Diese verlieren wir gegen Ende hin aber im Schneetreiben und kurzzeitig sind wir uns auch nicht sicher wo der Trail weiter führt. Wir finden den Weg aber zum Auto zurück 🙂 Genau rechtzeitig bevor ein erneuter Sturm mit dicken Schneeflocken beginnt.
Vielleicht noch erwähnenswert ist hierbei der Vergleich zum Yellowstone, in dem wir ja erst vor 2 Jahren waren. Dieser ist natürlich deutlich größer und hat einiges mehr zu bieten. Allerdings ist dort wirklich alles abgesperrt und man darf nur auf den Pfaden gehen. Hier in Leirhnjukur ist das etwas anders. An vielen Stellen kann man sich (noch) frei umsehen, trägt dann aber natürlich das Risiko von Verletzungen.
Dafür ist die Infrastruktur hier auf Island deutlich schlechter. Der Holzsteg, der durch das Gelände führt ist nicht nur eine Fehlkonstruktion, weil er durch den Schlamm spiegelglatt wird, auch sind dutzende der Holzbalken bereits gebrochen und stellen ein echtes Risiko dar. Ohne diesem Steg wäre es bei weitem sicherer.
Was man im Yellowstone auf keinen Fall hat, ist die Kombination aus Lavafeldern und heißen Gasen, was das Ganze sehr authentisch macht.
Die Schönheit im Schneesturm
Nur ein paar hundert Meter entfernt liegt der Kratersee Viti, den wir uns natürlich auch noch ansehen. Nun ist uns sowieso bereits kalt und alles ist nass 😉
Auch dieser Parkplatz ist bis zum Bersten gefüllt, aber wir bekommen mit ein bisschen Glück noch einen. Es sind nur wenige Meter von diesem zu gehen, bevor man zum ersten Mal die Wasseroberfläche des saphirblauen Sees am Grund eines Vulkankraters sieht. Der Anblick lässt uns ernsthaft staunen. Damit haben wir bei diesem trüben Wetter nicht gerechnet, da solche Seen normalerweise erst im Sonnenlicht ihre Schönheit zeigen. Nachteil heute allerdings: es gibt nur eine einzige windstille Stelle an der man überhaupt daran denken kann Bilder zu machen.
Man kann auf den Kraterrand hinauf und dann um den See herum gehen, was wir auch bis zur Hälfte machen. Dann wurde uns der Boden aber zu schlammig und der Wind zu stark. Es reicht allerdings auch, wenn man bis hinauf geht um den gesamten See in seiner Pracht zu sehen. Auf halbem Weg gibt es noch eine Art Austrittsstelle von Vulkangasen zu bewundern. Je näher man dieser Stelle kommt, desto mehr stinkt es. Welch ein Glück, dass wieder mal ein anderer Tourist das Posieren für uns übernimmt 🙂
Auf dem Weg zu unserem Hotel legen wir noch einen kurzen Stopp beim Viewpoint des Geothermalkraftwerks hier ein. Die bereits erwähnten heißen Gase, die überall aus der Erde strömen werden nämlich auf Island zur Stromerzeugung genutzt. Diese werden im gesamten Gebiet gesammelt und über lange Rohrleitungen zu Generatoren geleitet. Zwar ist das eine sehr umweltfreundliche Art Energie zu gewinnen, es verschönert aber nicht unbedingt die Umgebung. Und was man so hört, sind auch die Isländer selbst nicht sonderlich begeistert von den immer mehr und größer werdenden Kraftwerken.
Das ganze Panorama mit der Kamera einzufangen ist fast unmöglich. Aber stellt euch vor auf einem Hügel zu stehen und überall Rohrleitungen zu sehen:
Im Hotel „Icelandair Mývatn“ angekommen, ist die Dame am Checkin Schalter schwer überfordert. Offenbar darf sie sich alleine um alle Telefonate und Touristen kümmern. So dauert es zwar eine Weile, aber dann ist der Checkin schnell erledigt. Mývatn ist ein See im Landesinneren von Island. Es dürfte mal ein beliebter Urlaubsort gewesen sein. Uns kommt es aber derzeit so vor als wären die besten Jahre bereits vorbei. Trotzdem werden hier immer wieder Hotels gebaut und renoviert, wie unseres. Es handelt sich um ein relativ kleines Hotel mit gehobenem Standard. Die Zimmer sind vergleichsweise groß und es gibt zur Abwechslung im Badezimmer eine gut funktionierende Heizung. Insgesamt ist aber auch hier der Preis im weltweiten Vergleich gesehen mit 204 EUR/Nacht zu hoch und das Hotelpersonal viel zu unfreundlich. In der Umgebung befindet sich eigentlich nichts, außer ein kleiner Supermarkt/Tankstelle. Und so vergeben wir diesem Hotel nur durchschnittliche 5 von 10 Punkten.
Restaurants findet man hier in Mývatn generell kaum. Es kommt uns so vor, dass hier alles noch einmal deutlich teurer ist als im restlichen Island. Diese Meinung wird uns morgen auch bestätigt werden. Wir wollen uns heute also ein wirklich gutes Essen gönnen und fahren ins das nahe gelegene „Vogafjós Cowshed Cafe“, von dessen Gastraum aus man in den Kuhstall blicken kann. Für Island sicherlich etwas ungewöhnlicher.
Uns war aber vorher nicht klar, wie teuer dieses Restaurant ist und so essen wir den teuersten Burger und Fisch unseres Lebens 😉 Ob es sich gelohnt hat? Jein – denn es wird im Laufe der Reise noch besser werden.
Nach diesem Essen fahren wir zurück ins Hotel und sammeln unsere Kräfte für den nächsten Tag, an dem wir einige Kilometer zu Fuß zurücklegen werden.
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